Eine sehr besondere Nacht im Freiburger Jazzhaus

 

Während eines Chorwettbewerbs wird die gesamte Gefühls-palette aller Beteiligten bedient: Anfangs hat man eine gewisse Euphorie angesichts der zu erwartenden besonde-ren Erlebnisse. Kurz vorm Wertungssingen macht sich Anspannung breit. Hinterher ist man erleichtert, dass es vorbei ist. Je nach Leistung ist man möglicherweise enttäuscht über Patzer oder zufrieden mit dem, was man

monatelang geübt hat. Manche sind wütend über unerwarte-te Bewertungskriterien, andere haben Mitgefühl mit anderen Chören, die eine schwierige Jury-Kritik erhalten haben. Dann steht das eigene Feedback-Gespräch an, hui, was werden sie zu uns sagen? Nach konstruktiver Kritik macht sich Erleichte-rung breit. Zwischendurch sorgt man sich ein wenig über die eigene Bewertung, dann hört man einen Wettbewerbsbei-trag, der einen vor Glück weinen lässt, später steigt schon wieder das Lampenfieber vor weiteren Auftritten im Rahmenprogramm; insgesamt herrscht aber vor allem ein

Gefühl vor: Die Freude an der Musik, die hier in Freiburg allgegenwärtig ist.

 

Am Abend des 7. Mai 2018 durften wir Fanjazztics zusammen mit sieben weiteren Chören einen Abend im Freiburger Jazzhaus gestalten. Unter dem Motto „Jazz @ Night“ eröffneten die Freiburger Lokalmatadoren Twäng! den Abend und beeindruckten sofort mit der Darbietung von Peter-Fox‘ „-Haus am See“. Die very sexy Choreo plus perfekte Intonation ließen gleich mal die Temperatur im

Kellergewölbe um diverse Grade ansteigen. Chornfeld aus Leipzig machte weiter mit sehr coolen Klängen. OstBahnGroove aus München nahm den Faden auf und zeigte die fein gearbeitete Dynamik in seinem Programm. Allen Chören war anzumerken, dass sie sich freuten, befreit vom

Wertungsdruck anderen Spaß bereiten zu können. Dem Auftritt des Hamburger Chors Cantaloop haben wir beson-ders entgegengefiebert, da sie das gestrige Wertungssingen eröffnet haben und wir sie dort nicht hören konnten. Bäm, was für ein Fortissimo!

 

 

Essenzen, ein Projektchor mit gleich drei Chorleitern, schloss sich an und wir standen in den Startlöchern, deutlich aufgeregt angesichts des schon gewesenen und noch zu erwartenden Line-Ups. Wir sammelten uns, wir betraten die Bühne des Jazzhauses. Wahnsinn: Hunderte von tollen

Chorsängern empfingen uns mit donnerndem Applaus und Jubel. Unsere Titel „Chili con Carne“, „Fragile“ und „Pass me the Jazz“ wurden von der Menge begeistert aufgenommen. Viele Chöre ließen heute Abend den Poparrangements den Vortritt, das brachte Spaß. Unser Chorleiter David brachte es auf den Punkt: Es ist so eine große Ehre, hier dabei sein zu dürfen, und die Poparrangements sind so gut, dass man schon fast über einen Namenswechsel nachdenken könnte,

nur klingt FanPOPtic leider so doof.

 

Bei der Ankündigung von „Chandelier“ flippte die Masse aus. Wir sangen den Titel, und während wir performten, hörten wir nicht nur unsere eigenen Stimmen, sondern auch das Publikum. Als nun „Wenn ich ein Vöglein wär´“ an der Reihe war, hatte David die geniale Idee des Abends: Er forderte die Anwesenden auf, mitzusingen. Nach den ersten Takten drehte er sich um und begann, das Publikum zu dirigieren. Unglaublich: Alle reagierten auf sein Dirigat, der Raum füllte sich mit vollem, großartig harmonischem Klang. Die geheime Hymne der Kategorie G1 im Bundeschorwettbewerb 2018 war geboren, unterstützt durch unseren David, der uns so großartig vorbereitet hat , über den wir einfach sehr glücklich sind und mit dem wir noch viele gemeinsame Auftritte erleben wollen. 

 

Dieser Auftritt im Jazzhaus war jedenfalls viel zu schnell vorbei, doch der tosende Applaus trug uns förmlich von der Bühne. Spätestens ab jetzt feierte alles, was sich auf den Beinen halten konnte, die populäre Chormusik a cappella. Nach uns betraten die sensationellen Detmolder Choristen von Pop-up die Bühne, die mit „Get lucky“ das allgemeine Empfinden treffend besangen. Nur nebenbei, damit 

verständlich wird, mit wem wir da unterwegs waren und die gleiche Luft atmeten: Dieser Chor wurde später genauso wie der Jazzchor der Uni Bonn mit dem ersten Preis in unserer Wertungskategorie bedacht! Greg is Back folgte auf Pop-up, damit wurde schon wieder ein Höhepunkt erreicht: Wie

bereits beim Wertungssingen gelang es den Augsburgern, mit der vom Chorleiter Martin Seiler eigens arrangierten Filmmusik von Godzilla alle aus den Socken zu hauen und die Masse im Jazzhaus zum Tanzen zu zwingen.

 

Greg is Back beschloss den Konzertteil somit gebührend, und es folgte die Ankündigung, dass das Jazzhaus nur bis 00:00 Uhr angemietet sei, weshalb alle noch ein Getränk trinken dürften, bevor dieser Abend sein Ende finden sollte. Da dieses „letzte“ Getränk mit toller Musik begleitet wurde,

machte die ohnehin ekstatisch tanzende Masse einfach weiter wie bisher. Anderthalb Stunden später, die ohne Pause durchtanzt wurden, ging nach einer gemeinschaftlich gesungenen Bohemian Rhapsody dann doch das Licht an und die Musik aus, aber wozu befanden sich diverse Chöre im

Raum? Gemeinsam interpretierten alle Anwesenden das diesjährige Pflichtstück, nämlich „Secret of life“ von James Taylor.  (s. youtube-Video)

Wie muss sich das für Juror Jens Johansen angefühlt haben, der den Titel arrangiert hat? Einmal mehr breitete sich eine magische Atmosphäre aus, der sich gegenseitig unterstüt-zende Spirit der Wettbewerbsteilnehmer war greifbar und das Motto des Wettbewerbs „GemEinsame Spitze“

 

umgesetzt.

Wir von Fanjazztic schwebten zurück zu unserer nahegele-genen Unterkunft, holten die bereits kaltgestellten Wein-flaschen hervor, die Anjas Vater uns nach dem Wertungs-singen spendiert hatte, Julia flößte uns selbstgemachten Rhabarberschnaps ein, und wir sangen weiter draußen in der lauen Frühlingsnacht, trunken von den Erlebnissen des Abends. Unser bis zu elfstimmiger Gesang lockte einen Männergesangsverein an und auch den Juror Bertrand Gröger, der zu diesem Zeitpunkt aber zum Glück nicht mehr im Dienst war. Erst viel später fielen wir müde und glücklich in unsere Hotelbetten, diverse Ohrwürmer inklusive. Auch am nächsten Morgen wirkten die Erlebnisse der Nacht so schön, so sensationell, fast schon unwirklich, dass wir uns gegenseitig in die Augen schauten, um festzustellen: Ja, das war so, in echt, ist das nicht unglaublich?!

 

Diese Jazznight im Freiburger Jazzhaus war unser gemeinsa-mer „Magic Moment“, die wundersamste Erfahrung unserer Chorwettbewerbsteilnahme, und wir danken allen von Herzen, die es uns ermöglicht haben, auf der Bühne und im Publikum dabei zu sein. Immer werden wir uns daran

 

 

erinnern, was in jener Nacht geschah, und - wer weiß, vielleicht bietet sich irgendwann einmal eine Chance auf Wiederholung?